Buchinfos:
Inhalt:
In diesem sehr persönlichen Buch erzählt Bettina Tietjen von der
Demenzerkrankung ihres Vaters, vom ersten »Tüdeln« bis zur totalen
Orientierungslosigkeit. Offen und liebevoll beschreibt sie die
Achterbahn ihrer Gefühle, einen geliebten Menschen zu verlieren, aber
auch ganz neu kennenzulernen, und die vielen komischen Momente, in denen
sie trotz allem herzhaft zusammen lachen konnten. Bettina Tietjen
musste lernen, dass Demenz ein Zustand ist, der ganz allmählich von
einem vertrauten Menschen Besitz ergreift. Zuerst merkt man es nicht,
dann will man es nicht wahrhaben. Schließlich muss man lernen, es zu
akzeptieren. Denn trotz aller Herausforderungen ist Bettina Tietjen
überzeugt: Demenz ist nicht nur zum Heulen, sondern kann auch Denkanstoß
und Kraftquell sein.
Meine Meinung:
Zu Anfang musste ich mich erstmal darauf einstellen, dass dies ja eine Biografie, also alles wirklich passiert ist und es nicht nur bei einer ausgedachten Geschichte bleibt.
Es gab so viele Momente, die ich gern teilen würde, aber nicht will, weil sie jeder selbst kennenlernen sollte und ich diese Biografie nur empfehlen kann, wenn man Demenz nicht kennt oder besser kennenlernen will. Ich habe so viel davon mitgenommen, verstehe jetzt so viel besser worum es dabei geht und dass man nicht aufgeben darf, den Menschen nicht verachten darf für das was er vielleicht tut oder sagt.
Vieles ist mir jetzt so klar und ich verstehe warum Frau Tietjen gesagt hat, dass Demenz nicht nur zum Heulen sein muss, sondern man auch lachen kann.
Mit der Zeit lernt man ihren Vater, Herr Schniewind, viel besser kennen. Es werden einzelne Lebensabschnitte berichtet, was sie erlebt haben, wie sich alles gewendet hat. Im Laufe des Buches muss er immerhin viel Neues aufnehmen, auch wenn er einiges nach einem Weilchen wieder vergisst, so ist es doch aufbrausend, wenn er plötzlich in einem fremden Raum aufwacht, mit lauter fremden Menschen um ihn herum.Und wo war denn nur sein Auto, das er längst nicht mehr besitzt?
Doch mit der Zeit vergisst er so vieles, sogar das eigene Gesicht. Schön ist, dass er trotzdem die Töchter immer noch irgendwie erkennt 🙂
Ich fand sogar die Flüche ab und zu sehr lustig und bereichernd und Gedichte, sowie Lieder sind wunderbar eingebracht 🙂
Auch wenn viel Unsicherheit zu erkennen ist und natürlich eine Belastung für alle vorhanden ist, stürzen sie sich in das „Abenteuer“ und leben, lieben, lachen. Sie halten zusammen und man hat das Gefühl, dass alle viel mehr zueinander finden. Es ist nicht immer nur alles traurig, sondern eben auch mal lustig. Im Grunde genommen ist es einfach das Leben und man erlebt zusammen Dinge, auch wenn nicht mehr alles so ausgeprägt ist.
Bettina Tietjen hat mit der Zeit offensichtlich viele Dinge besser wahrgenommen, sich der Sache hingegeben und ihren Vater mit ganz anderen Augen gesehen, ihn aber dann auch so akzeptiert, wie er dann nun mal war. Es war eben Demenz, darauf wurde aufmerksam gemacht, aber das heißt nicht, dass alles vorbei ist. Jeder Moment ist doch trotzdem kostbar für den Menschen und für einen selbst, oder nicht? Man kann doch nicht aufgeben, nur weil der andere etwas schneller vergisst. Irgendwie bleibt es dennoch erhalten.
Mir ist außerdem klar geworden, dass die Frage nach Altersheim, Hausarzt und allgemeiner Versorgung gar nicht so leicht ist, wie man erst denkt. So viele Erkenntnisse strömen auf einen herein, ich war regelrecht geschockt von einigen Dingen! Da hatten wir hier aber noch Glück, dass die Schwestern sich vorher kundig gemacht haben 🙂
Einzelheiten, wie die Geschichten mit den Dingen, die demente Menschen eben brauchen, tatsächlich Rundumversorgung, wie: Mund abwischen, Windeln wechseln, bis hin zu duschen, rasieren(egal wo!), Essen anreichen usw., sind hier unheimlich realistisch dargestellt. Man erfährt eben wie schwierig es für die Betroffenen, die Angehörigen sein kann, wie einige offen und andere abweisend damit umgehen. Und trotzdem liebt man ja den Menschen und ich denke ich würde mich unheimlich kümmern 🙂
Die Pfleger tun das in diesem Buch ja auch sehr gut!
Fazit:
Meiner Meinung nach sind nach diesem Buch viele, viele Dinge sehr viel klarer. Ich verstehe jetzt was Demenz ist und ich denke, wenn mir jetzt ein dementer Mensch gegenüberstehen würde, würde ich ganz anders reagieren, als vorher. Das Buch hat mir definitiv etwas fürs Leben gebracht und ich finde es schön, wie persönlich alles gehalten ist. Auch der Epilog hat mir sehr gut gefallen, wo man hier sozusagen einen kleinen Rat mit auf den Weg bekommt. Fotos, Zeichnungen, sowie Gedichte und Lieder erwecken einen ganz neuen Eindruck, viel persönlicher. Man lernt so viel über die Gesamtsituation, über andere demente Menschen, wie sie mit uns und wie sie mit anderen umgehen und dass man sie nicht verurteilen darf. Dass man sie nicht aufgeben darf und für sie da sein sollte, mit ihnen etwas erleben sollte, auch wenn es anfangs peinlich wirkt. Letzten Endes ist es doch immer noch die Person, die wir so lieben 🙂
Für dieses Buch gebe ich 4,5 auf 5 aufgerundete Sterne! Ich habe einfach viel mitgenommen, was ich jetzt leider gar nicht alles schildern kann, aber das muss reichen 🙂
An dieser Stelle bedanke ich mich für das Exemplar zu einer *Leserunde und bei der Autorin für das tolle Buch ! 🙂
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