Titel: Hard Liquor
Autorin: Marie Graßhoff
Seiten: 525
Format: Paperback
Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungsdatum: 23.12.2021
Preis: 15,00€ (D)
Coverrechte liegen beim Verlag
Band 1
Rezensionsexemplar
Tycho ist als Nachfahrin alter Götter übermenschlich stark. Besonders, wenn sie Alkohol trinkt. Nicht schlecht, um sich als Barkeeperin in New York gegen zwielichtige Typen zu behaupten. Damit niemand von ihrer Herkunft erfährt, muss sie selbst ihren Kindheitsfreund Logan auf Distanz halten. Doch dann taucht die gutaussehende Grayson auf und behauptet, ihr Geheimnis zu kennen. Und als Tycho kurz darauf von einer Sekte entführt wird, die ihre Kräfte für sich beanspruchen will, bleibt ihr nichts anderes übrig, als Grayson zu vertrauen.
Dass Marie Graßhoff es versteht, außergewöhnliche Welten und Charaktere zu erschaffen, dürfte mittlerweile all ihren LeserInnen klar sein. Umso mehr habe ich mich auch auf ihre neue Geschichte gefreut und bin froh, diese als eine der ersten gelesen zu haben! Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an die Lesejury und alle Leserunden-MitgliederInnen für die tolle Runde!
Tycho ist eine noch außergewöhnlichere Protagonistin, als man es von anderen Figuren der Autorin gewohnt ist. Für mich war sie zu Beginn fast schon zu anders, düster und unkontrolliert. Ich brauchte meine Zeit, um mit ihr warm zu werden und ihre Kräfte zu akzeptieren, weil sie mit ihnen immer auch andere, hemmungslosere Gedanken hat. Mit der Zeit ergeben diese Gedanken deutlich mehr Sinn und auch ihre sonstigen Handlungen wurden mit jeder Seite nachvollziehbarer. Im Grunde hat Tycho in der Geschichte eine wirklich tolle Entwicklung erlebt, vor allem, wenn man bedenkt wie alles anfing!
Auch die Nebencharaktere sind natürlich nicht außen vor zu lassen und so haben mich vor allem Logan, Grayson, Tate, Haruo, Amber und Hunt schwer beeindruckt! Auch Logans Familie war sehr ausgearbeitet und rundum gelungen. Besonders spannend finde ich aber, dass man bei absolut niemandem zu hundert Prozent weiß, ob die Person nun einer guten oder eher schlechten Seite angehört und diese Seite wirklich nur schwarz oder weiß ist. Hier kann sich alles ändern. Ganz so wie im echten Leben (auch, wenn es da nicht ganz so extrem ist). Mir hat das sehr gut gefallen, vor allem, weil Marie Graßhoff mich wieder einmal auf die völlig falsche Fährte geführt hat und ich es erst kurz vor der Auflösung gecheckt habe 😀
Die grobe Story ist in meinen Augen nichts, was man nicht schon in anderen Formen gelesen haben könnte, auch wenn ich in dieser Geschichte wieder einmal schwer beeindruckt vom Weltenbau, den Details und vor allem den tieferen Hintergründen war. Da hat die Autorin wirklich ein Auge für, trotzdem würde ich auch diese Geschichte grob gesagt in ein Plotmuster zwischen Dystopie und Fantasy einordnen. Fans der Genres dürften hier definitiv auf ihre Kosten kommen, vor allem in Bezug auf D.I.E.T. oder auch U.H.R., wozu ich jetzt aber nicht noch mehr verraten möchte. Einzigartig wird die Geschichte dafür durch Komponenten wie die Morning Show, die wie ein roter Faden durch die Geschichte verläuft, oder auch die Ideen hinter den Göttern, beides also sehr großes Lob an die Autorin.
Obwohl die Story mich, vor allem auf das gesamte Konzept mit den Göttern und ihren Auswirkungen, definitiv überzeugen konnte und ich die Charaktereigenschaften und Hintergrundgeschichten der Charaktere wieder einmal sehr stark und realistisch fand, hat mir irgendetwas gefehlt. Tatsächlich hatte ich sehr große Schwierigkeiten wirklich eine Nähe zu Tycho aufzubauen und vor allem auf emotionaler Ebene wirklich mit ihr mitzufiebern. Die Story an sich habe ich mit Spannung verfolgt und ich liebe jede Actionszene und jede Besprechung in den Institutionen, die die Autorin schreibt! Dass sie schreiben kann, steht ebenfalls außer Frage. Trotzdem ist mir gerade die emotionale Komponente immer sehr wichtig und diese kam für mich zu kurz. Ob es nun daran lag, dass die Geschichte an sich sehr verrückt und brutal ist (was ich aber vorher wusste und entsprechend bewusst so gewählt habe) oder daran, dass es vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt zum Lesen war, kann ich nicht sagen. Trotzdem spreche ich hier eine klare Leseempfehlung an jede*n aus, der*die gern düstere, fantastische Geschichten liest, die nachdenklich machen und sowohl actionreich als auch blutig und unzensiert sind.
Mit dieser Geschichte hat Marie Graßhoff wieder einmal bewiesen, dass sie nicht nur absolut spannungsreich schreiben, sondern vor allem auch genial durchdachte, stimmige, sehr düstere und brutale Welten und Charaktere erschaffen kann! Obwohl ich vorher wusste, dass es eine sehr ausgefallene Geschichte werden würde, war ich überrascht von der Heftigkeit, die eine*n hier erwartet und Leser*innen kein Stück verschont (an dieser Stelle definitiv positiv zu sehen). Vor allem kurz vor Ende passiert etwas, das meine Dämme hat brechen lassen. Ich liebe es, wie die Autorin ihre Charaktere realistisch rüberbringt und allen eine eigene Geschichte mit auf den Weg gibt. Vor allem aber liebe ich die fantastischen Elemente, die hier auf völlig neue Weise eingeführt werden. Wer auf spannungsreiche, blutige und verrückte Geschichten steht, ist hier definitiv richtig. Einzig und allein das Finden einer Verbindung zu Tycho fiel mir echt schwer, leider kann ich nicht wirklich benennen, woran das lag. Von mir jedenfalls eine klare Leseempfehlung und daher 4,5 Federn!
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